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Shiku

Muh, das Telefonbuch

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Wither (Chemical Garden) - Lauren DeStefano Irgendwann in der Zukunft: Ein dritter Weltkrieg hat beinahe die komplette Landmasse der Erde zerstört, nur Nordamerika wurde noch nicht von den Fluten bedeckt. Dafür sind Krankheiten wie Krebs kein Problem mehr, Genmanipulation schützt die Menschen vor solcherlei Dingen. Damals wusste noch niemand, was mit den Kindern dieser genetisch veränderten Menschen passiert: Sie erfreuen sich zumeist bester Gesundheit, allerdings sterben alle Mädchen im Alter von 20, die Jungen mit 25.
In dieser Welt lebt Rhine mit ihrem Zwillingsbruder Rowan. Die beiden führten gewiss kein leichtes Leben, doch sie hatten ja einander – zumindest bis Rhine wie viele andere Mädchen entführt und mit einem reichen jungen Mann verheiratet wird. Sie wird in eine polygame Ehe gezwungen, die wie alle anderen dazu beitragen soll, dass die Menschheit nicht ausstirbt. Ab sofort ist sie Linden Ashbys Ehefrau, ebenso wie zwei weitere Mädchen. Linden ist ein freundlicher Geselle, der gar nicht zu dem Bild eines Mannes passen will, der Mädchen entführen lässt, um sie zu heiraten. Er bietet ihnen ein anschauliches Leben voller Luxus, doch es gibt etwas, das er selbst nie kannte und Rhine nicht bieten kann: Freiheit.
Für sie steht fest, dass sie von hier fliehen muss, ihretwillen und auch für ihren Bruder, der nun irgendwo da draußen alleine ist.


In „Wither“ finden sich einige Kontraste wieder: Die Heilung von Krankheiten wie Krebs, dafür das frühe Sterben der Menschen. Das bequeme Leben, in das Rhine hineingestoßen wird, dafür die Gefahr und Hässlichkeit, die hinter der Fassade auf sie warten. Der schnelle und aufregende Anfang des Buches, dafür die plätschernde und sich ziehende Handlung später. Das wirklich wunderschöne Cover, dafür die nicht ganz gelungene Geschichte.
Ich kann nur von den ersten beiden Dingen behaupten, dass ich darüber sehr erfreut bin.

Lauren DeStefano leitet ihr Buch nicht seitenlang ein, sondern startet sofort mit der Geschichte: Rhine sitzt mit vielen anderen Mädchen in einem Van fest, der sie allesamt zu einem unbekannten Ort verschleppt. Dort werden sie sortiert in die, die Linden Ashby heiraten werden und die, für die kein Bedarf besteht. Kurze Zeit später findet sich Rhine auch schon im Haus der Ashbys wieder und ist eine Braut – kilometerweit von ihrem Bruder und ihrem Zuhause entfernt.
Soweit, so gut, denn gerade dieser Mangel an Informationen macht den Anfang so interessant. Wie sah Rhines Leben vorher aus? Wie ist die Welt, in der sie lebt? Wie kam es dazu? Erklärungen kommen mit der Zeit und halten das Interesse aufrecht, bringen aber schon den ersten großen Mangel mit sich: Sich sind bisweilen etwas dünn.
So zum Beispiel heißt es, dass der Dritte Weltkrieg für die gesamte Welt den Untergang bedeutete außer für Nordamerika – weil dort der technische Stand am höchsten war. Und weiter? Haben die Menschen irgendwelche Schutzmaßnahmen erbaut, um eine atomare Katastrophe abzuwenden, was haben sie getan? Was ist dann mit Ländern, die ebenfalls einen hohen technischen Standard haben müssten, wie Japan? Darauf wird nicht näher eingegangen und auch wenn man fehlende Informationen auch darauf schieben kann, dass Rhine nicht die Zeit hatte, sich so intensiv mit dem Thema zu beschäftigen, ist es nicht realistisch, dass sie – und somit der Leser – absolut gar nichts weiter darüber weiß.
Eben dieses Problem findet sich auch in anderen Dingen wieder, so zum Beispiel der Frage, warum Mädchen, die nicht geheiratet werden sollen, unter anderem erschossen werden. Immerhin geht es um die Erhaltung der menschlichen Rasse und man ist dazu sogar bereit, Mädchen zwangszuverheiraten und an Bordelle zu verkaufen, damit sie geschwängert werden und Kinder gebären. In all dieser „Logik“ müsste es doch als unglaubliche Verschwendung angesehen werden, Mädchen zu erschießen.

Diese eher wackelige Basis ist aber nicht der einzige Grund, warum „Wither“ nicht ganz überzeugen kann; abgesehen davon wird auch die Handlung mit der Zeit immer zäher. Zwar passiert immer wieder was, das die Spannung wieder ein wenig anhebt, aber die Passagen zwischendurch ziehen sich einfach. Außerdem geht die „große Handlung“ – Rhines geplante Flucht – kaum voran. Immer wieder finden sich Gründe, warum sie noch nicht gehen kann, und nicht alle von ihnen sind nachvollziehbar.
War der Einstieg sehr schnell, geht die Geschwindigkeit in bis zur Mitte des Buches langsam runter, bis man gegen Ende nur noch vor sich hinschleicht, dass selbst Zweifel kommen, ob es überhaupt jemals zu einem sorgfältig geplanten Fluchtversuch kommen wird. Das Ende ist dabei auch noch so unspektakulär, dass es zwar wunderbar in das Tempo reinpasst, aber absolut keine Spannung erzeugt und mir mein Interesse ehrlich gesagt auch abhanden gekommen ist.

Was an diesen „Zwischenräumen“ dennoch schön ist, sind die Charaktere, die man natürlich näher kennenlernen kann so wie sie sich auch einander.
Rhine ist ein Mädchen von 16 Jahren, das sich sehr bewusst ist, dass es nur noch vier Jahre zu leben hat. Auch wenn sie zugeben muss, dass das Leben mit Linden schön sein könnte, will sie doch vor allem eines: Freiheit. Zumindest ist das anfangs so und dank des Angestellten Gabriel, der ihr Interesse weckt und sie allein mit seiner Anwesenheit daran erinnert, was sie hier drin nicht haben kann, kehrt sie immer wieder zu dieser Erkenntnis zurück. Doch ab und an fragt sie sich selber, ob sie sich nicht hier ein paar schöne letzte Jahre machen kann, fragt sich, was das Leben draußen zu bieten hat und überzeugt sich fast selbst zu bleiben – fast. Manchmal erwärmt sie sich auch für ihren Ehemann, was wiederum nicht sehr erfreulich ist, da es für mich persönlich nie nachvollziehbar war.
Ihre Mitehefrauen könnten nicht unterschiedlicher sein: Die 18-jährige Jenna hat nicht mehr lange zu leben und ist ein sehr ruhiges, wenn auch verführerischen Mädchen, das gerne in Liebesromanen versinkt. Die 13-jährige Cecily dagegen ist aufgeweckt, manchmal ein richtiger Quälgeist und entschlossen, ihren Ehemann von sich zu überzeugen und seine Kinder auszutragen.
Ähnlich wie bei letzterer fällt es auch bei Linden schwer zu sagen, ob er nun sympathisch ist oder nicht. Einerseits ist er ein junger Mann, der nie die Freiheit gekostet hat und außerdem um seine große Liebe trauert. Er bemüht sich um seine Frauen und macht einen netten Eindruck – und dennoch ist er ein Mann, der bereit ist, drei Frauen zu haben und mit allen dreien eine komplette Ehe samt Sex und Kinder ausleben will. Besonders im Falle von Cecily ist das – trotz der Umstände, die eine gewisse Verzweiflung der Leute und Naivität seitens Linden verständlich macht – vor allem eines: widerlich.

So gesehen spiegelt Linden ganz gut wider, was das Leben mit ihm generell bedeutet: Eine schöne, bezaubernde Fassade, während tiefer unten Schreckliches wartet. Dieses Bild zeigt sich sehr oft im Buch und hat mir besonders gut gefallen. Vor allem auch dieser Kontrast zwischen dem Haus, seinen Gärten, dem bequemen Leben und dem, was Lindens berechnender Vater Vaughn heimlich treibt, bringt eine beinahe unheimliche Atmosphäre auf. Das zumindest ist der Autorin gelungen.
Gleiches gilt für den Schreibstil, dem es zu verdanken ist, dass selbst die Passagen, in denen kaum etwas vorangeht, sehr schnell und sogar mit Genuss gelesen werden können. Vergleichsweise möchte ich einfach sagen, dass Lauren DeStefanos Schreibstil wie auch das Cover des Buches ist: Dezent, aber mal etwas anderes und einfach wunderschön.

Dennoch: Am Ende ist es schwer zu sagen, worum es in „Wither“ eigentlich ging. Um Rhine, ja, aber was noch? Ihre Freiheit? Ihre Flucht? Sie und Linden? Sie und Gabriel? Die Problematik der frühen Sterblichkeit?
Keines dieser Themen – oder ein anderes – wird so vertieft thematisiert, dass man sagen könnte, es spiele eine zentrale Rolle. Alles davon kommt vor, aber nur kurz, beinahe flach, so dass die spezielle Thematik des Buches unglaublich schwer zu fassen ist.
Genauso fällt es mir schwer mir auszumalen, wie es nun weiter geht. Natürlich gibt es die eine oder andere Sache, bei der ich mir sicher bin, dass sie fortgesetzt wird. Allerdings habe ich bei keiner davon das Gefühl, dass es wichtig oder gar notwendig sei – etwas, wovon mich wohl nur Band 2 eines Besseren belehren könnte.


Lauren DeStefano hatte eine schöne Idee und überzeugt mit einem tollen Schreibstil. Doch schon die Charaktere handeln nicht immer ganz nachvollziehbar, wenngleich sie an sich wirklich interessante Personen sind. Allerdings hapert es spätestens beim sehr dünnen Hintergrund und der mit der Zeit immer langsameren Handlung – da wäre mehr zu holen gewesen.