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Shiku

Muh, das Telefonbuch

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Men of the Otherworld (Otherworld Stories, #I)
Kelley Armstrong
Tales of the Otherworld (Otherworld Stories, #2)
Kelley Armstrong
Cinder (Lunar Chronicles, #1) - Marissa Meyer 4,5
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Cinder ist ein Cyborg und eine verdammt gute Mechanikerin noch dazu. Das weiß ihre Stiefmutter gut zu nutzen – Cinder darf arbeiten gehen, um den Lebensunterhalt für Adri und deren leibliche Töchter zu verdienen. Wirklich dankbar ist dafür eigentlich nur die Jüngere, Peony, die überhaupt kein Problem damit hat, dass Cinders’ Hand und Bein aus Metall bestehen. Während dieser Arbeit lernt sie auch Prinz Kai kennen, den Thronerben, und ahnt nicht einmal, wie chaotisch ihr Leben danach wird. Denn just an jenem Tag erkrankt eine Verkäuferin in der Nähe an Leutumosis, einer bis jetzt unheilbaren und tödlichen Krankheit. Kurz darauf wird auch Peony infiziert, was Adri zum Anlass nimmt, Cinder der Wissenschaft zur Findung eines Gegenmittels zu überlassen. Doch statt wie alle anderen bei dem Experiment zu sterben, passiert Erstaunliches – was Cinders bisheriges Leben noch einmal gehörig über den Haufen werfen wird.


Was bei „Cinder“ wohl als erstes erkennbar wird, sind die wunderbaren Charaktere. Da hätten wir natürlich Cinder, ihres Zeichens Cyborgs, wunderbar sarkastisch, aber letzten Endes auch nur ein 16-jähriges Mädchen … also, so mehr oder minder. Sie ist ziemlich tough, was sie aber auch absolut sein muss, da sie es noch nie leicht hatte im Leben. An die Zeit vor der Operation kann sie sich gar nicht erinnern und danach war ihr Leben alles andere als ein Zuckerschlecken. Sie wurde zwar von jemandem adoptiert, doch ihr Stiefvater verstarb bald darauf an der Plage und ließ sie mit seiner Frau und seinen Töchtern zurück. Der einzig liebenswerte Charakter von ihnen ist absolut Peony, die jüngste Tochter, die eine quietschfidele 14-Jährige ist, samt Schwärmerei und all dem Mädchenkram. Dabei ist sie keine Sekunde einer dieser pubertären Quälgeister, so dass ich gar nicht anders konnte, als sie sofort in mein Herz zu schließen.
Cinders Stiefmutter Adri und die ältere Tochter Pearl sind dagegen eher stereotypisch – sie können Cinder nicht leiden, was sie deutlich zeigen, indem sie gemein und absolut ekelig sind. Das lässt sie nicht gerade zu besonders ausgefeilten Charakteren werden, aber letztlich ist das auch okay so –sie gehören zur Märchenkomponente des Buches dazu. (Anmerkung: Ein kurzes Onlineprequel lässt sie ein bisschen plastischer werden, wenn auch nicht sehr. Zwar liefert es keine neuen Informationen, skizziert aber ein Bild, was deutlich werden lässt, dass auch sie – irgendwo – ihre Gründe haben. Sympathischer werden sie dadurch aber auch nicht.)
Erwähnenswert ist noch der Android Iko, der gelinde gesagt ein bisschen verrückt, aber absolut niedlich ist. Ein Auftritt von ihr, und ich war verliebt. Auch wenn sie ein Roboter ist, so hat sie ihre ganz eigene, quirlige Persönlichkeit, die absolut ihren Teil zur Geschichte beiträgt.
Bleibt nur noch der Prinz zu erwähnen, der ganz gewiss kein schmieriger 08/15-Charming ist, sondern ein gutaussehender junger Mann, der für sein Alter viel zu viel Verantwortung übernehmen muss. Auch er hat es ganz gewiss nicht leicht und zeigt die eine oder andere Ecke, was ihn umso sympathischer macht – auch wenn ich persönlich hoffe, dass eine dieser Ecken im kommenden Buch ein wenig abgeschliffen wird!

Rein grundsätzlich würde schon das Zusammenspiel zwischen Peony, Iko, Cinder und Prinz Kai Spaß genug machen, um das Buch zu lesen und genießen zu können. Humor spielt hier eine ganz große Rolle und kommt gewiss nicht zu knapp. Ich hatte die ersten Seiten kaum ausgelesen, da durfte ich schon herzhaft lachen und bis zum Ende sollte sich das glücklicherweise nicht ändern.
Dabei ist das Buch zu Beginn gar nicht mal so spannend, sondern „nur“ wahnsinnig unterhaltsam und, ja, süß. Das ändert sich zum Schluss aber noch mal, und zwar richtig. Nicht in dem Sinne, dass es dann langweilig wird, sondern dass da ein Tempo und Spannung vorgelegt wird – whoa! Ich war ja geradezu verzückt und hätte die Autorin am liebsten geknutscht dafür, dass in dieser Hinsicht eigentlich alles in der Geschichte drin ist, was drin sein muss.
(Ein bisschen Herzschmerz fehlt natürlich auch nicht – wie gesagt, letzten Endes ist Cinder auch nur ein Mädchen, wenn auch ein dezent metallisches.)

Das Ganze spielt in unserer Welt, aber in der Zukunft: Mittlerweile ist der vierte Weltkrieg überstanden, aber dystopische Elemente zeigt das Buch dennoch nicht. Die Menschen haben endlich verstanden, dass es so nicht weitergeht und auch wenn die Länder durchaus noch Probleme haben, ist es ein harmonisches, friedliches Miteinander. Perfekt ist natürlich nicht alles: Besonders im Hinblick auf Cyborgs muss sich noch einiges ändern, denn sobald jemand auch nur eine künstliche Hand hat, wird er von vielen nicht mehr als Mensch gesehen. Einige Menschen glauben, mit den Cyborgs nun machen zu können, was sie wollen, andere fürchten sich regelrecht vor ihnen – dass dieses Verhalten, wie jedes andere rassistische Verhalten auch, vollkommen idiotisch ist, wird dabei nur allzu deutlich.
Nein, das Ganze geht eher in die Richtung Science Fiction. Die Cyborgs sind ein ziemlich guter Hinweis dafür, oder auch all die Technologie, mit der nicht nur die Leute in New Bejing – der Stadt, in der Cinder lebt – umgehen.
Dabei sollte auch ganz gewiss nicht übersehen werden, dass der Mond mittlerweile bewohnt ist (wobei das Wie nicht ganz geklärt wird); die Menschen dort haben sich längst weiterentwickelt und haben ganz andere Fähigkeiten als Erdenbewohner. Sie sind die Lunar und auf der Erde gefürchtet und verabscheut – auch hier zeigt sich sehr deutlich, dass eine Verallgemeinerung vollkommen fehl am Platz ist; eine Botschaft, die meinetwegen jedes Buch haben könnte, weil manch einer es einfach nicht kapieren möchte.
In diesen Kontext ist auch das Märchen von Cinderella eingebettet und wer die namensgebende Figur ist, dürfte wohl nicht schwer zu erraten sein. Dabei wird das Märchen nicht einfach nacherzählt, sondern abgeändert und angepasst, ohne dass die Grundelemente verloren gehen würden, so dass der Fortgang der Geschichte aber nicht sofort klar ist. Im ersten Band zeigen sind auch schon die ersten anderen Märchenfiguren, die in den kommenden Bänden wohl eine größere Rolle spielen werden: Schneewittchen und Rapunzel

Eigentlich gibt es nur eines, was ich wirklich kritisieren kann: Die große Enthüllung vom Ende ist alles, nur nicht überraschend. Sobald ein gewisser Umstand das erste Mal erwähnt wird, war mir eigentlich klar, was da noch kommt und ich habe keine Seite lang gezweifelt, dass es am Ende auch so sein wird. Das ist schade, aber auch nicht weiter dramatisch. Spaß macht das Buch ja trotzdem und ist auch spannend – da kann ich das gerne verzeihen und das Buch trotzdem noch lieben.
Und jetzt … gebt mir Band 2, bitte!


„Cinder“ ist ein Buch, zu dem man greifen kann, wenn man eine spannende Geschichte möchte, bei der man auch mal ausgelassen lachen kann. Die in einem neuen Peking spielende Geschichte hat absolut alles, was sie braucht – gut, abgesehen von der großen Überraschung am Ende, aber das lässt sich erstaunlich leicht verschmerzen. Für beste Unterhaltung ist hier gesorgt!