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Shiku

Muh, das Telefonbuch

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Verschollen in der Wildnis: Abby Lynn 2 - Rainer M. Schröder 3.5

Die Rezension enthält Spoiler zum ersten Band!
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Oktober 1808: Jahre sind vergangen, seit Abby Lynn nach Australien deportiert wurde, um dort ihre zu Unrecht auferlegte Strafe abzuarbeiten. Doch sie hatte Glück und wurde bei Neusiedlern aufgenommen, deren jüngsten Sohn, Andrew, sie vor vier Monaten sogar heiratete. Und auch wenn dem Begnadigungsgesuch der Chandlers für Abby noch nicht stattgegeben wurde – und so schnell vermutlich auch nicht wird –, ist es doch ein gutes Leben geworden, das sie führt; zumindest dachte sie das.
Eines Tages bricht ein Waldbrand aus, was in dieser Gegend nicht ungewöhnlich ist. Bei der Bekämpfung der Flammen fällt Abby eine Gestalt auf, die sie rettet und danach auch gesund pflegt – es ist eine der Eingeborenen und außer Abby scheint niemand recht Mitleid mit ihr zu haben. Die Eingeborenen sind unter den Farmern als Wilde und Kriminelle verschrien, die die Mühe nicht wert sind. Es beunruhigt Abby zu wissen, dass von ihr geliebte Menschen so denken können, doch viel Zeit, daran etwas zu ändern, bleibt ihr nicht. Auf einer Reise werden sie überfallen – und hinterher weiß niemand, wo Abby steckt und ob sie überlebt hat.


Konnte man beim ersten Band noch sagen, dass es – neben Abby – auch um Australien und das Leben dort ging, so gilt das Gleiche für Band 2 für die Eingeborenen, allgemein als Aborigines bekannt, die sich selbst aber Yapa nennen. Unter den Kolonialisten – und auch heute noch, möchte ich meinen – herrschen viele Vorurteile über diese Menschen. So sollen sie beständig Vieh und Alkohol stehlen und diejenigen, die ihre Stämme verlassen haben und in der „zivilisierten“ Welt leben, gehen selten als ehrenwert erachteten Berufen nach. Bezahlt werden sie in Alkohol und Tabak und wenn sie nicht doch für jemanden Fährten lesen, fristen sie im Gefängnis oder in Armut ihr Dasein. Für die Siedler sind sie weniger wert als die Sträflinge, und warum? Weil sie anders sind, ihr Leben nicht den westlichen Standards entspricht und die meisten schlichtweg nicht genug Verstand haben, um sie überhaupt zu verstehen, oder sich die Mühe zu machen.
Das Buch zeigt, dass diese Vorurteile nichts weiter sind als gemeine Verleumdungen, dass die Siedler trotz ihrer Techniken in vieler Hinsicht die „Primitiven“ sind. Aber nicht nur das: Dank der Zeit, die einige Charaktere mit Ureinwohnern verbringen (müssen), überdenken nicht nur sie ihre Ansichten, auch wir können etwas über ihre – damaligen – Sitten und Bräuche lernen. Wie das heute aussieht, ist selbstverständlich ein anderes Thema.

Inhaltlich passiert daher in diesem Buch nicht allzu viel, vieles ist theoretisch und mehr über die Religion der Ureinwohner zu erfahren, mag interessant sein, von Spannung zeugt es aber nicht gerade. Andererseits ist es auch nicht langweilig, denn mit der Frage, wie Abbys Verbleib aussieht, sorgt der Autor durchaus dafür, dass ungeduldig weitergelesen wird. Es vermutet natürlich niemand, dass die titelgebende Figur im zweiten Band einer Tetralogie sterben wird, aber es gibt immer noch viele Dinge, die mit ihr in der Zwischenzeit geschehen können und das muss geklärt werden.
Abgesehen davon liegt der Fokus hier auch nicht auf der Weiterentwicklung der Charaktere. Was durch den unpersönlichen Erzählstil ohnehin schon schwierig ist, geht durch die vielen Informationen noch ein bisschen mehr verloren; außerdem lässt sich bei vielen Charakteren nicht mehr erfahren, weil sie zum Großteil gar nicht oder nur sehr selten auftauchen. Die meiste Zeit über begleiten wir dieses Mal sogar Andrew, aber wie ich bereits sagte: Es geht um die Ureinwohner.

Was den Schreibstil angeht, bleibt meine Kritik vom letzten Mal: Eigentlich schreibt Herr Schröder sehr angenehm und lesenswert, das Ganze funktioniert aber nicht in der wörtlichen Rede, für die er seinen Stil kein bisschen abändert. Damals mag man anders gesprochen, aber so? Da müsste man schon drei Besen verschluckt haben, damit das zutrifft.
Bisweilen wirkte der Text auch ein wenig belehrend und oft wurde direkt erklärt, wie ein Verhalten zu interpretieren sei. Allerdings ist das, was mich ein wenig störte, für jüngere Leser vielleicht gar nicht so verkehrt. Zwar muss man auch Kindern nicht vorbeten, was sie zu denken haben, aber ein kleiner Hinweis hier und da kann eigentlich nicht schaden. Sie mögen vielleicht viel und oftmals andere Dinge sehen als Erwachsene – manches bleibt dann aber trotzdem auf der Strecke. Als etwas älterer Leser muss man sich einfach darauf einstellen, dann kann man es auch gut verschmerzen.


Auch der zweite Band der Abby-Lynn-Reihe, „Verschollen in der Wildnis“, von Rainer M. Schröder legt keinen allzu großen Wert auf eine spannende Handlung – auch wenn es durchaus spannende Momente gibt! –, sondern erzählt wieder von Australien, dieses Mal von den Ureinwohnern, die sich mit Vorurteilen, Diskriminierung und Verfolgungen konfrontiert sehen. Sprachlich bleibt das Ganze holprig, wenn es um die wörtliche Rede geht, aber es ist nichts, was man nicht – um der Geschichte willen – verkraften könnte.